Frauen und Gewerkschaften

Frauen sind in nahezu allen Berufen vertreten, in Gewerkschaften allerdings seltener als Männer. Dafür setzen sich die in Arbeitnehmer*innen-Verbänden Organisierten umso vehementer für bessere Arbeitsbedingungen, gegen Benachteiligung und Diskriminierung ein. Dabei müssen sie zusätzlich gegen das patriarchalische Rollenverständnis in Beruf und Alltag ankämpfen.

Frauen stellen 19 Prozent der Erwerbstätigen im formellen Wirtschaftssektor. Die Zahl der gewerkschaftlich Organisierten unter ihnen ist gering. Im patriarchalischen System müssen sich Arbeitnehmerinnen gegen große Widerstände seitens der Männer durchsetzen, die generell die Erwerbstätigkeit von Mädchen und Frauen und erst recht deren gewerkschaftliches Engagement ablehnen. Im größten und unter der Einparteienherrschaft von 1962 bis 1989 einzigen Verband, der Generalunion der Algerischen Arbeiter (UGTA), betrug ihr Anteil 2018 nach eigenen Angaben 11 Prozent. Der 1956 gegründete Dachverband bildete erst im Jahr 2000 einen eigenen Frauenrat. Auch in den seit 1990 zugelassenen inzwischen 65 unabhängigen Gewerkschaften haben lediglich die Frauen der Autonomen Nationalunion der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes (SNAPAP) eine eigene Sektion. Allerdings hat die Entstehung unabhängiger Verbände mehr Frauen dazu ermutigt, für ihre Rechte einzutreten. Neben den Forderungen nach Lohnerhöhung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen stehen für Gewerkschafterinnen zusätzliche Themen auf der Agenda. Sie kämpfen dagegen, am Arbeitsplatz diskriminiert zu werden und trotz gleicher Berufs- und Hochschulabschlüsse schlechter bezahlte Stellen zu bekommen. Zudem organisieren sie sich vor allem gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt, denen viele Frauen und Mädchen in ihrem Arbeitsalltag ausgesetzt sind. So sind Gewerkschafterinnen nicht nur in Sensibilisierungskampagnen zu diesen Themen aktiv, sondern stehen auch bei Streiks und Demonstrationen stets in der ersten Reihe. Das zeigte sich immer wieder bei  harten Arbeitskämpfen vor allem im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie an den Hochschulen und Universitäten. Ihr großes Engagement öffnet ihnen indes nicht die Tore zu den leitenden Gremien. Mit Ausnahme der 2013 gegründeten unabhängigen Gewerkschaft der algerischen Gymnasiallehrer (CLA/CELA) sind Frauen in Führungsgremien abwesend. Das liegt nicht an mangelnder Einsatzbereitschaft, sondern vor allem an der traditionellen Rollenverteilung im Alltag. Die zeitaufwendigen häuslichen „Pflichten“ hindern sie daran,  kontinuierlich Verantwortung zu übernehmen und sich in Führungsaktivitäten einzubringen. Nicht zuletzt wirken sich auch rein praktische Faktoren wie Transportprobleme negativ aus.

 

Quellen:

Office Nationale des Statistiques

„Les Syndicats en Algérie“, Friedrich-Ebert-Stiftung, Januar 2020

Algérie Presse Service (APS)